Was ist mit «Kabale» gemeint?

Ich habe mich schon gefragt, was dieses Wort bedeutet, als wir uns für dieses Buch entschieden haben. Ich habe mir etwas Böses und Dämonisches darunter vorgestellt. Siehe da, es handelt sich tatsächlich um etwas Schlechtes. «Kabale» steht nämlich für «Intrige», «Hinterhältigkeit» oder «Heimtücke». Davon gibt es im Buch eine ganze Menge, hauptsächlich verursacht durch den Präsidenten und seinen Sekretär Wurm, der für ihn die Intrigen ausdenkt. «Kabale und Liebe» bedeutet daher, dass der Liebe von Ferdinand und Louise Intrigen gegenüberstehen, welche sich ihrem gemeinsamen Glück in den Weg stellen. Unteranderem hat Ferdinands Vater eine Kabale geplant, um seine eigenen Machtinteressen durchsetzen zu können. Ein Intrigant hintergeht seinen Feind für seinen Vorteil, in diesem Fall hintergeht der Vater seinen Sohn. Das Ganze endet schliesslich in einer Katastrophe, nämlich dem Tode der Verliebten. Da Wurm selbst in Louise verliebt ist, hatte er neben dem Machtgewinn noch ein weiteres Motiv, die beiden auseinander bringen zu wollen, er möchte Louise für sich gewinnen. Der Präsident ist gegen die Beziehung, zum einen, weil er Louise nicht für standesgemäss hält, zum anderen, weil dies seiner Karriere im Weg stehen würde. Von Walter wollte seinen Sohn mit einer der Mätressen des Herzogs vermählen, um mehr Macht am Hofe zu erlangen. Als er dann merkte, dass sich Ferdinand dazu weigern wird, musste er zu anderen Mitteln greifen. Louise wird in dieser Kabale als Betrügerin und Fremdgeherin dargestellt. Um dies glaubhaft rüberzubringen, soll sie einen Brief an ihren angeblichen Verehrer, den Hofmarschall von Kalb schreiben. Dieser wird hier als Mittel zum Zweck missbraucht. Damit Louise dies entgegen all ihrer Prinzipien tut, droht man mit der Todesstrafe an ihrem Vater, der kurz zuvor inklusive der Mutter willkürlich verhaftet wurde. Als Ferdinand den Brief findet, ist er ausser sich und hegt einen Hass gegen Louise. Die Intrige ist also vorderhand geglückt. Aufgrund seiner schlimmen Eifersucht tötet er Louise.

 

Das Stück erinnert sehr an Shakespeares «Romeo und Julia». Was sind die Parallelen der beiden Stücke?

Beide Stücke handeln von einer Liebesgeschichte. Die Liebe wird allerdings von den Eltern der jungen Liebenden nicht toleriert und als verbotene Liebe gesehen. Die Ständegesellschaft ist in beiden Stücken ein zentrales Thema, doch anders als in Kabale und Liebe, steht bei Romeo und Julia die Ständegesellschaft nicht zwischen dem Liebespaar. Romeo und Julias Familien gehören zu den besten Familien von Verona und sind beide gleichgestellt. Allerdings sind die Familien stark verfeindet. In Kabale und Liebe können sich die Eltern von Ferdinand und Louise zwar nicht leiden, doch dabei handelt es sich nicht um eine Feindschaft. Die Eltern von Romeo und Julia sind wie die Eltern von Ferdinand und Louise verantwortlich für die Trennung der beiden. Die grösste Parallel ist das Ende der Stücke, welches mit dem Tod des jeweiligen Liebespaares endet.

 

Warum hatte Louises Mutter nie etwas gegen Ferdinand? 

 Frau Miller hat sich nie gegen die Beziehung von Louise und Ferdinand geäussert. Ich denke, dass sie sich freut, dass Louise einen Liebhaber aus der Adelsschicht hat. Sie scheint keine Grenzen der Stände zu sehen. In der ersten Szene des ersten Aktes verweist Frau Miller auf die zahlreichen Briefe, die Ferdinand Louise schon geschrieben hat. Sie ist davon überzeugt, dass er wahre Gefühle für Louise hegt. Jedoch lässt sich sagen, dass sie in der Beziehung ihrer Tochter lediglich eine Chance auf einen höheren gesellschaftlichen Rang sieht. Sie schwärmt, dass Ferdinand Louise Geschenke macht und träumt sicherlich davon, in Adelskreisen zu verkehren, wenn Louise Ferdinand heiratet. Ich bin der Überzeugung, dass Frau Miller deshalb so von Ferdinand schwärmt, weil sie von ihrem Mann auch so behandelt werden möchte. Sie sieht in Ferdinand das Idealbild eines Liebhabers, der seiner Geliebten Geschenke macht und diese auch wertschätzt. In ihrer Beziehung mit dem Musikanten Miller ist das Gegenteil der Fall. Miller verhält sich seiner Frau gegenüber respektlos. Er beschimpf Frau Miller für ihre schwätzerische Art. Er verlangt mehrmals von ihr zu schweigen. Frau Miller hat also nichts gegen Ferdinand, weil dieser genau ihren Vorstellungen entspricht. Ein adeliger und wohlhabender Mann, der seine Geliebte mit Fürsorge und Respekt behandelt, was will man mehr?

 

Wer hatte Schuld an Louises Tod?

Es gibt viele verschiedene Aspekte, die man beachten muss, wenn man in diesem Werk nach der Schuld sucht. Auf den ersten Blick hat die Intrige des Präsidenten und seinem Sekretär Wurm dazu geführt, dass Ferdinand sich und Louise das Leben nahm. Ich denke, dass es noch weitere Figuren gibt, die Schuld am Tod von Louise haben. Der Präsident wusste nur von der geheimen Beziehung seines Sohnes, weil es die Mutter von Louise mit ihrem schwätzerischen Charakter dem Sekretär Wurm erzählte. Dazu kommt, dass auch Louises Vater Miller von Anfang an gegen die Beziehung von Louise und Ferdinand war, und deshalb ein Gespräch mit dem Präsidenten suchte. Ohne die Eltern von Louise hätte der Präsident also nicht so schnell von der Jungen Liebe seines Sohnes erfahren. Weiter denke ich, dass auch Louise selbst Schuld an ihrem Tod trägt. Sie hätte Ferdinand einfach die Wahrheit über den Liebesbrief sagen können. Ich verstehe, dass sie nur ihre Eltern beschützen wollte, aber Ferdinand hätte sicher alles dafür getan, dass Louises Eltern aus der Gefangenschaft entlassen werden. Statt über die Intrige zu schweigen, hätte sie demnach mit Ferdinand zusammen für Gerechtigkeit sorgen können.

 

Warum wurde Gift als tödliche Waffe gewählt?

Es ist entscheidend für den ästhetischen Wert des Buches, dass Gift als tödliche Waffe für den Mord an Louise ausgewählt wurde. Ferdinand hat sich für das Gift entschieden, da er Louise liebte und so keine Gewalt anwenden musste und von Blut war ebenfalls nie die Rede, obwohl es sich hierbei klar um einen Mord handelt. Dies entspricht klar einem ästhetischen Wert und beschreibt alles Schöne und doch Traurige im Leben. Mit dem Gift konnte Ferdinand nicht nur Louise töten, sondern ganz leicht auch sich selbst, als er die Wahrheit über die Intrige seines Vaters erfuhr. Allerdings wirft dieser Gedanke an das Gift und den Mord die Frage auf, ob Ferdinand Louise überhaupt liebte, da er sie schlussendlich aufgrund von Trauer und Wut vergiftete. Das Gift könnte auch symbolisch für seine Rache stehen, da Louise sich nach dem Wissensstand von Ferdinand offenbar hinterhältig oder anders gesagt sich "giftig" verhalten hat.