Kritik

Eine Liebe zum Scheitern verurteilt

Das Drama "Kabale und Liebe" thematisiert die Liebe von Ferdinand und Louise, die aufgrund von Intrigen scheitert und in einer Katastrophe endet.

Bei Schillers Stück handelt es sich um ein bürgerliches Trauerspiel, wie es im Untertitel des Buches angekündigt wird. Das heisst, dass der Held der Tragödie aus dem Bürgertum entstammt. In diesem Werk ist die Heldin Louise Miller und das Stück handelt von ihrem privaten Glück, sowie dem Ideal der Familie, welches von Liebe, Fürsorge und Geborgenheit geprägt ist. Zur damaligen Zeit war diese Form eines Dramas allerdings unüblich und Kabale und Liebe ist eines der ersten Bücher, in dem der Bürger in den Mittelpunkt der Handlung rückt. Schiller durchbricht somit die Regeln der klassischen Tragödie.Aufgrund dieser Abweichungen der klassischen Tragödie verschiebt sich die Aufmerksamkeit von der Hauptperson auf die Handlung und der Grundkonflikt wird deutlicher.

 

Kabale und Liebe wurde im Jahr 1784 während der Literaturepoche Sturm und Drang geschrieben, welche zeitlich in die Epoche der Aufklärung fällt und im deutschsprachigen Raum von 1765 bis 1790 andauerte. Sie war hauptsächlich unter jungen Schriftstellern aus dem Bürgertum verbreitet, die sich gegen den extremen Vernunftglauben der Aufklärung stellten. Heute zählt Kabale und Liebe zu den bedeutendsten deutschen Theaterstücken. In der Literaturepoche Sturm und Drang ist das Werk eines der wichtigsten.

Ein zentrales Merkmal in der Literatur dieser Epoche war die Kritik an der absolutistischen Ständegesellschaft doch die Gefühle der Liebe gewannen ebenfalls an grosser Bedeutung.

 

Die beiden Hauptcharaktere Louise und Ferdinand bilden exemplarisch das Gegensatzpaar des Adels und Bürgertums ab. Die Gesellschaftsklassen definierten das ganze Leben der Menschen. Unteranderem wurde bestimmt, ob sie zur Schule gehen durften oder nicht, mit wem sie verheiraten wurden und sogar die Art, wie sie begraben wurden.

Louise und Ferdinand unterscheiden sich allerdings auch im Charakter massgeblich. Während Ferdinand ein Beispiel für einen typischen Stürmer und Dränger ist, verkörpert Louise das vernunft- und verstandsgeleitete Wesen. Ferdinand lässt sich von seinen Emotionen leiten und möchte, wie ein Stürmer und Dränger, die bestehende Ordnung der Ständegesellschaft aufbrechen. Er handelt aus seinen Gefühlen heraus, ohne nachzudenken. Sein übergeordnetes Ziel ist es somit, Louise zu heiraten, dabei handelt er impulsiv. Er ist sogar dazu bereit, sie zu ermorden, als sie ihn zurückweist. Somit handelt Ferdinand gegen die typischen Vorstellungen der Aufklärung. Als Gegenstück zu Ferdinand, erkennt Louise schnell, dass es gesellschaftlich nicht möglich ist, eine Ehe mit Ferdinand zu führen und tritt der Situation realistisch gegenüber. Sie handelt nach Vernunft und Verstand, wie es in der Aufklärung vorgesehen war.

Ein weiterer Aspekt der absolutistischen Ständegesellschaft ist in Lady Milford zu erkennen.

Als sie im 2. Akt vom Herzog Diamanten aus Venedig erhält, für die Soldaten verkauft wurden, kann sie das blutige Geschenk nicht annehmen. Sie folgt dabei nicht einfach den Wünschen des Adels, sondern handelt nach ihren eigenen Gefühlen und Werten. Lady Milford zeigt diese Werte auch, indem sie an die wahre Liebe glaubt. Dieses Verhalten war für den Adel damals nicht typisch. Oft wurde strategisch geheiratet, wie es der Präsident auch von Ferdinand will. Lady Milford möchte aber eine Ehe nur aus Liebe eingehen, was ein weiteres Merkmal der Sturm und Drang Epoche aufführt.

Die Art der Sprache und wie diese formuliert wird, ist ebenfalls ein wichtiger Kritikpunkt des Buches. Die   Ständeunterschiede sind bereits in der Sprache der Figuren zu erkennen. Miller zum Beispiel redet sehr umgangssprachlich und beschwert sich über den Adel. Bei seiner Frau ist dies sogar noch offensichtlicher. Durch ihre Sprache wird sie als dümmlich dargestellt. Sie versucht zwar, gehobener zu klingen, doch dies hat eher eine lächerliche Wirkung auf den Leser. Es wird viel übertrieben und dramatisiert, auch der Übereifer der Epoche ist klar zu erkennen. Ferdinands Sprache ist typisch für den Sturm und Drang. Sie ist aufgrund der vielen Hyperbeln impulsiv und übertrieben. Somit zeigt Schiller, dass die Sprache etwas Menschengemacht-Künstliches ist. Louise und Ferdinand möchten ihre verbale Kommunikation zunehmend perfektionieren, so wie auch ihre Liebe immer vollkommener werden soll. Doch Ferdinand ruft die Katastrophe selbst herbei, weil er weiter an seinem Ideal festhält, einzig die schönen Worte der „Sprache des Herzens“ zu verwenden und es nicht wagt, den für ihn furchtbaren Brief gegenüber Louise anzusprechen. Aufgrund seiner fehlerhaften Interpretation des Briefes, sowie der mangelhaften Kommunikation führt dies schlussendlich zum Tod von Louise und Ferdinand.

 

Dieser Tod hat in Kabale und Liebe seine ganz eigene faszinierende Rolle. Zwei Menschen, welche sich auf eine aussergewöhnliche, aber nicht aufrichtige Art lieben und schlussendlich selbstverschuldeten an einem Glas Limonade sterben. Dabei wurden keinerlei Gewalt angewendet, von Blut war ebenfalls nie die Rede, obwohl es sich hierbei um einen Mord handelt. Dies entspricht klar einem ästhetischen Wert und beschreibt alles Schöne und doch Traurige im Leben.  

 

Somit ist Kabale und Liebe keineswegs ein Drama, welches einschliesslich der Unterhaltung dient. Trotzdem ist es wichtig, dass der Leser ein gewisses Vergnügen beim Lesen empfindet. Das Werk hat viele spannende Aspekte, welche eine Verbindung auf gefühlsvoller Ebene zum Leser herstellen. Jeder empfindet individuelle Gefühle beim Lesen von «Kabale und Liebe», basierend auf seinem Alter und seinen Lebenserfahrungen, doch es ist wichtig diese zu analysieren und zu verarbeiten.

Kabale und Liebe ist aufgrund seiner Sprache und Interpretation herausfordernd für den Leser. Doch mit den einzelnen Szenen, welche dramatisch und übertrieben sind, spricht es den Leser emotional an, da die Liebe ein allgemeines Thema ist und jeder sich auf seine eigene Art und Weise mit ihr identifizieren kann. Die Liebe ist ein Gefühl, welches jeder mindestens einmal im Leben empfindet, ob sie gewollt ist oder nicht, erwartet oder unerwartet, wir lieben alle einmal.

Durch die grosse Kritik an der Ständegesellschaft dieses Werkes und der Kampf nach der Erhaltung der wahren Liebe, lohnt es sich dieses Buch zu lesen und natürlich auch zu analysieren.

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